Viniculture Wissen
Was ist Naturwein?
Zunächst und zuallererst ist Naturwein für uns ein Abenteuer jenseits gewohnter Geschmackswelten. Naturweine können uns aus unserer Komfortzone herausholen, überraschen und begeistern. Sie setzen der Gleichförmigkeit industriell erzeugter Weine bunte Vielfalt entgegen. Die Weine geben uns Fragen auf, sie erzeugen Reibung und laden zu Streifzügen ein. Sie werden hitzig diskutiert, geliebt und kritisiert. Gleichgültig lassen sie keinen.
Aber was ist Naturwein eigentlich?
» Nicht mehr aber auch nicht weniger! «
Stefan Vetter, Franken
'Wein wird aus Trauben gemacht', Heißt es. 'Wein ist ein Naturprodukt', Sagt man. Das ist eine romantische Vorstellung. Leider ist sie oft falsch. Tatsächlich gibt es in der EU über fünfzig zugelassene Zusatzstoffe und Verfahren. Auf den Etiketten taucht dabei nur der Schwefel auf. (Und selbst hier wird keine exakte Mengenangabe verlangt, sondern einzig ein allgemeiner Hinweis.) Wahrscheinlich kommt dem Schwefel auch deshalb in der Diskussion über Naturwein immer noch so eine prominente Rolle zu.
Naturwein und konventionelle Weinbereitung im Vergleich
Nährstoffe und Enzyme beigegeben | ...um eine stabile, kontrollierte Gärung zu bewirken. |
Säure, Zucker und Tannin beigegeben oder entzogen | ...um Jahrgangsunterschieden entgegenzuwirken und den Weinstil zu beeinflussen. |
die Weine geklärt, geschönt, filtriert und sterilisiert | ...um ein konstantes, haltbares Produkt zu erzeugen. |
» Über fünfzig Zusatzstoffe dürfen bei der Herstellung des Weins eingesetzt werden. Auf dem Etikett findet sich davon nichts. «
Was bedeuten Bezeichnungen wie natural wine, vin naturel sowie bio bzw. biodynamisch?
Es stellt sich die Frage: wie Weine nennen, die auf einen Großteil der möglichen Zusatzstoffe und erlaubten Verfahren verzichten? Die sich an die Auflagen der biologischen oder biodynamischen Landwirtschaft halten, diese aber noch überbieten? Die teilweise großzügige Gesetzgebung ruft den Bedarf nach einer weiteren Kategorie hervor.
Welche Zusatzstoffe sind im Naturwein erlaubt?
Naturwein im Glasballon auf dem Weingut Mosse an der Loire
Wie sieht der Prozess der Weinherstellung beim Naturwein aus?
Filtration, Klärung und Schönung sollen in der konventionellen Weinbereitung unerwünschte Stoffe aus dem Wein entfernen. Diese Verfahren funktionieren allerdings wie ein Schleppnetz, in dem sich auch anderes verfängt. Naturwinzer versuchen andere, schonendere Wege zu gehen: sie geben den Weinen oft mehr Zeit, damit sich grobe Trübstoffe von alleine absetzen; sie nutzen die natürliche Gärkohlensäure, um den Wein vor Oxidation zu schützen; sie füllen Weine auch mal mit etwas Feintrub ab; und sie vertrauen darauf, dass die natürlichen Inhaltsstoffe des Weins - Alkohol, Säure und Tannin etwa - ihn ausreichend schützen. Es ist wirklich spannend, wie gut manche Naturweine tatsächlich reifen können.So und ähnlich sehen viele Gründe dafür aus, bestimmte Eingriffe zu unterlassen. Man darf dabei allerdings nicht vergessen, dass Risiken nunmal Risiken sind. Wer im Keller auf technische und chemische Hilfsmittel verzichtet, muss im Weinberg und Keller extra sauber arbeiten, wenn er Fehler im Wein vermeiden möchte. Die Reben und Böden müssen extrem gesund sein, um Lesegut hervorzubringen, das ohne große Eingriffe zu wirklich gutem Wein wird. Weniger Arbeit im Keller bedeut entschieden mehr Arbeit im Weinberg. Und die bedarf viel Erfahrung seitens des Winzers. Naturwein, wie wir ihn verstehen, bedeutet also mehr als einfach den Verzicht auf bestimmte Verfahren.Es geht um einen Anspruch, den die Winzer an sich und ihre Weine stellen, und dem sie so gut sie können folgen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Ismael Gozalo von MicroBio Wines beim Abfüllen der Fässer
Wie schmeckt Naturwein?
Woher kommt Naturwein?
Amphore von Bianka & Daniel Schmitt in Rheinhessen
Welche Weine suchen wir bei Viniculture?
Wir achten bei unseren Winzern auf nachvollziehbare Authentizität und Transparenz. Wir kennen unsere Winzer ausnahmslos persönlich und spüren ihre Lust am Winzer-Handwerk, wenn wir sie in ihren Weinbergen und -kellern besuchen, wenn wir ihre Weine verkosten und wenn sie uns in Berlin besuchen.
Was aber tatsächlich fehlt, ist eine gesetzliche Regelung für Naturwein. Anders als beim Bio-Siegel oder dem demeter-Zertifikat für Biodynamie gibt es keine klaren Regeln.
Über Naturweine, Vins Naturels, Natural Wines, Raw Wines, Naked Wines oder wie auch immer man sie nennen mag, wird hitzig diskutiert. Fehlende gesetzliche Regelungen sind einer der Gründe. Einige sagen einfach: „Naturwein gibt es nicht.“ Das mag runtergebrochen sicherlich durchaus korrekt sein, denn Wein ist immer ein Kulturprodukt. Aber die Winzer, mit denen wir zusammen arbeiten, versuchen möglichst wenig in die Weinentstehung einzugreifen. Im Keller wird auf die biologische oder biodynamische Arbeit im Weinberg aufgebaut und möglichst wenig interveniert. Das ist Naturwein wie wir ihn verstehen.
Ist Naturwein nur ein Trend?
Ja und nein. Dass Naturwein ein Trend ist, ist unbestreitbar. In Verbindung mit dem wachsenden ökologischen und kulinarischen Bewusstsein verstehen wir Naturweine allerdings eher als zukunftsweisende Avantgarde denn als Hype. Immer mehr Winzer finden sich im Fahrwasser einer Bewegung wieder, die immer höhere Wellen schlägt.
Diese Bewegung ist mittlerweile auch in der Spitzengastronomie angekommen und schwappt von dort immer mehr in alle Winkel der Gastronomie. Beim Essen wird Wert auf Nachhaltigkeit gelegt: etwa wird bevorzugt mit alten, regionalen Sorten gearbeitet, die in kleinen Nischen die allgemeine Industrialisierung der Landwirtschaft überlebt haben. Man besinnt sich auf alte handwerkliche Methoden, vermeidet schon aus geschmacklichen Gründen auf Masse produzierte Produkte und sucht an der Peripherie unserer Essgewohnheiten nach Neuem: etwa unbeachtete oder stiefmütterlich behandelte Gemüse, Kräuter oder Teile von Tieren.
Naturweine spiegeln die Entwicklung beim Essen: nachhaltige Landwirtschaft, oft als Mischkultur; autochthone Rebsorten; Ausdruck von Terroir und Jahrgangsunterschieden; Abwendung von der Massenproduktion und ihren Mitteln; komplexe Aromatiken jenseits des Gewöhnlichen.
Man könnte sagen, dass sich nach und nach eine neue Ess- und Trinkkultur bildet, die kleineren Produzenten mehr Mut erlaubt, weil die Nachfrage da ist. Unsere Gewohnheiten verändern sich und mit ihnen unsere Erwartungshaltung.
Wir hoffen, dass die Entwicklung hin zu mehr ökologischem und kulinarischem Bewusstsein und größerer geschmacklicher Vielfalt ein langfristiger Trend bleiben wird.
Gibt es deutschen Naturwein?
Besonders ausgeprägt ist die Szene heute in Frankreich, Spanien und Slowenien. Spanien hat relativ schnell aufgeholt, besonders im Frankreich-nahen Weinbaugebiet Katalonien. Aus Katalonien stammt beispielsweise Joan Ramón Escoda-Sanahuja, dessen Weine unsere Naturwein-Leidenschaft entfesselten. Aber auch aus Kastilien-León haben wir mittlerweile eine umfangreiche Auswahl an Vins Naturels.
Nicht mehr viele wissen, dass der VDP (Verein Deutscher Prädikatsweingüter) ehemals als VDN (Verein Deutscher Naturweinversteigerer) seinen Anfang nahm. Damals, am Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts, schlossen sich mehrere Winzer zusammen, die sich vor allem gegen das Chaptalisieren, also das Aufzuckern des Mosts, wandten. Ein Großteil der heute üblichen Verfahren, mit denen die Naturweinbewegung heute bricht, gab es damals noch gar nicht. Viele davon sind im VDP mittlerweile erlaubt.
- Huberty Lay
- Stefan Vetter
- Bianka & Daniel Schmitt
- Wasenhaus
Welche Naturweine gibt es bei Viniculture?
Unsere Naturweine
Inhalt: 0.75 Liter (233,33 €* / 1 Liter)